BGH – IX ZB 80/13
Vorinstanz: AG Tübingen – II 4 IN 72/05
Zur Entscheidung:
Das AG Tübingen verwehrte einem Insolvenzschuldner die Restschuldbefreiung. Ein Gläubiger hatte einen Versagungsantrag gestellt. Begründet wurde dieser Antrag mit der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung, wegen der der Insolvenzschuldner zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt wurde.
Das Gericht stellte dies mit den in §§ 283 ff. StGB genannten Straftaten gleich.
Zur Einordnung:
Die §§ 283 ff. StGB behandeln die sogenannten Insolvenzdelikte. Der Gesetzgeber sieht in einer Verurteilung nach §§ 283 ff. StGB ein sicheres Indiz, dass der Insolvenzschuldner unredlich ist. Infolgedessen verdient er nicht die Restschuldbefreiung. Das findet sich in § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
Dagegen ist die Insolvenzverschleppung in § 15a InsO geregelt. Auch sie ist ein Straftatbestand, der Haftstrafen nach sich ziehen kann. Die Insolvenzverschleppung ist aber gerade nicht in § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO aufgelistet.
Bewertung der Entscheidung:
Das Urteil des AG Tübingen ist abzulehnen. Der Wortlaut des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eindeutig. Der Verweis erfasst die Insolvenzverschleppung eben nicht. Das ist auch so gewollt und nicht die Folge eines Versehens.
Das wertete auch der BGH so. Das Urteil des AG Tübingen wurde aufgehoben.
Folgen:
Als Anwalt muss ich Sie auch auf abweichende Rechtsmeinungen hinweisen – vor allem, wenn es sich um Gerichtsentscheidungen handelt. So offensichtlich unrichtig ein Urteil auch sein kann, kann es Grundlage einer unerwarteten Entscheidung zu Ihren Lasten sein.
Daher empfehle ich Ihnen, sich in derartigen Angelegenheiten von einem insolvenzrechtlich geschulten Rechtsanwalt beraten zu lassen. Nur so lassen sich Risiken besser erkennen und genauer abwägen.