Anmerkung zu BGH, Urt. v. 17.06.2014 – IX ZR 240/13
OLG Schleswig-Holstein
LG Itzehoe
Sachverhalt:
Die spätere Insolvenzschuldnerin (Auftraggeber) war in der Bauwirtschaft tätig. Sie geriet gegenüber einem Lieferanten (Unternehmer) mit mehreren Zahlungen in Rückstand. Daraufhin vereinbarte die Schuldnerin mit ihrem Lieferanten und mit dem Auftraggeber der Schuldnerin folgendes:
Der Auftraggeber sollte bei Fälligkeit der nächsten Zahlung direkt an den Lieferanten der Schuldnerin zahlen.
Der Insolvenzverwalter ficht diese Zahlung mit Hilfe der Insolvenzanfechtung an.
Grundsätzliche Einordnung:
Maßgeblich ist das konkrete Rechtsverhältnis. Der Vertrag mit dem Auftraggeber spielt beim Vertrag mit dem Lieferanten keine Rolle. Schließt der spätere Insolvenzschuldner mit seinem Lieferanten einen Vertrag, muss er grundsätzlich auch selbst leisten, d.h. zahlen. Die Zahlung eines Dritten ist dagegen nicht geschuldet. Deshalb ist die Zahlung durch einen Dritten grundsätzlich eine sogenannte inkongruente Deckung, d.h. hier eine Befriedigung in einer nicht geschuldeten Art. Das ermöglicht die (ggf. erleichterte) Insolvenzanfechtung. Dann muss der Auftraggeber ein zweites mal zahlen, nämlich an die Schuldnerin direkt. Ist der Lieferant ebenfalls insolvent, bekommt der Auftraggeber sein Geld hier nicht wieder.
Ausnahme:
Treffen Schuldner, Lieferant und Auftraggeber des Schuldners dagegen eine sogenannte dreiseitige Vereinbarung, kommt es zu einer Ausnahme. Wird vereinbart, dass der Auftraggeber direkt an den Lieferanten zahlt, handelt es sich um eine kongruente Deckung. Diese Art der Leistung – durch den Dritten – ist dann geschuldet.
Erfolgt die Zahlung unmittelbar nach der Leistung bzw. Fälligkeit, handelt es sich um ein Bargeschäft. Dieses kann nur erschwert angefochten werden.
Wichtig ist dabei, dass die Leistung zum Zeitpunkt der dreiseitigen Vereinbarung noch nicht ausgetauscht worden sein darf. Dafür genügen aber auch trennbare Abschnitte der geschuldeten Leistung.
Vorliegend betraf die dreiseitige Vereinbarung eine neue, noch nicht fällige Werklohnforderung.
Hinweis:
Die dreiseitige Vereinbarung ist eine Vertragsanpassung. Es ist empfehlenswert, sich dafür anwaltlich beraten zu lassen.
Die Rechtsprechung des BGH zur Insolvenzanfechtung ist dagegen derart unübersichtlich, dass Einzelheiten darüber entscheiden können, ob der Auftraggeber schlimmstenfalls zweimal zahlen muss. Hier ist es fast schon zwingend, einen im Insolvenzrecht erfahrenen Anwalt hinzuziehen.